Marie verschwindet im Reich des Katers
Klappentext
Rettungsgeschichten wollen Kinder immer wieder hören und miterleben.
Kinder kommen immer wieder in bedrohliche Situationen, in denen sie sich verlassen und hilflos fühlen. Rettung aus Gefahr ist ein tiefes Bedürfnis und ständiges Thema der Kinder. In dieser Geschichte geht um Leben und Tod, einerseits um Rettung aus der kindlichen Lebensnot und andererseits um die Bereitschaft für den Tod eines betagten Menschen.
Dies ist ein philosophisches Bilderbuch für Kinder ab 4 Jahren! Im Anhang finden Sie Anregungen der Autorin, sich selbst auf das Thema einzustellen und auf die Fragen der Kinder vorzubereiten.
Dieses Buch ist ab März 2021 bei Amazon zu bestellen. Es ist das erste Buch, das ich veröffentliche.
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Konzept der Autorin zu den Figuren und zu dem Verlauf der Geschichte
Der Kater
In Kater Nuhr ist der Wille zum Überleben personifiziert. Er ist und bleibt ein Geheimnis, erscheint und verschwindet, ist sichtbar und unsichtbar. Der Kater hat einen unterirdischen Zugang zum Schuppen, in dem Marie eingeschlossen ist. Er sorgt für sie bis sie gefunden und gerettet wird. Diese Figur hat nichts Erschreckendes, sondern bringt die Lebensnot auf eine märchenhafte Ebene und bleibt gleichzeitig Realität. Der Kater verbindet beide Welten. Kinder können in dieser Figur den Prozess der Rettung miterleben und begreifen. Es ist wichtig, in unserer medienüberfluteten Zeit, diesen Verlauf für Kinder sanft und vor allem langsam darzustellen. Not und Hilfe, Einfühlungsvermögen und Mitleid, Hoffnung und Handlungsstrategien werden sichtbar und spürbar. Der Kater begleitet auch Frau Nuhr am Ende ihres Lebens, aber anders als Marie.
Marie
Marie ist ein schutzbedürftiges und neugieriges Kind. Langeweile ist der Antrieb, die Welt zu erobern, sich in dieser zu positionieren und Frau Nuhr und den Kater kennenzulernen.
Marie sitzt unter dem grünen Blätterdach und trifft eine Entscheidung. Sie mischt sich in das Leben von Frau Nuhr ein. Der Zufall bringt Marie in Lebensgefahr. Niemand trägt dabei die Schuld. Wenn Kinder die Schuldfrage stellen, ist es wichtig, diese zu entkräften.
Frau Nuhr
Die Spanne vom Kind zur Greisin umfasst das menschliche Dasein. Der Kater erklärt Marie diesen natürlichen Verlauf von Leben und Sterben. Frau Nuhr geht gelassen auf das Ende ihrer Lebenszeit zu. Der Kater begleitet sie auf ihrem letzten Weg, Er ist da, lässt sich streicheln, hört zu, greift nicht ein und lässt geschehen, bis die Zeit zum Sterben gekommen ist. Bei der Beerdigung ist er zum letzten Mal sichtbar.
Maries Familie
Die Eltern von Marie verkörpern durchgehend das sichere Familiennest. Achtsamkeit ist geboten, da nicht alle Kinder diese Sicherheit haben. Hier ist der Vorleser gefordert, kindlichen Kummer nicht zu übergehen.
Irren ist menschlich
Die Leichtigkeit dieser Geschichte entstand durch die misslungenen Rettungsversuche der Polizeihunde. Humor gehört in diese ernste Geschichte, soll aber keine Respektlosigkeit gegenüber der Polizei sein, sondern allgemeiner Natur.
Abschluss
Diese Geschichte sollte Kindern von vertrauten Erwachsenen vorgelesen werden. Zudem sollte ihnen Raum und Zeit gelassen werden, die Bilder allein und ungestört zu betrachten. Kinder brauchen Zeit und Ruhe den Tiefgang der Geschichte zu ergründen, Angst zu verringern und Hoffnung zu fühlen.
Ich wünsche Ihnen ein gutes Gespräch mit den Kindern
Christa Ulmer- Thurn
Diese Geschichte ist hier in den wichtigsten Szenen aufgezeichnet, damit auch diejenigen sie nutzen können, die aus irgendwelchen Gründen kein Buch bestellen können.

Marie ist ein neugieriges, kleines Mädchen. Am liebsten spielt sie draußen vor der Haustüre, denn da gibt es viel zu sehen. Kinder kommen vorbei und setzen sich zu ihr. Dann wieder streunt eine Katze herum, mit der Marie spielen kann. Manchmal ist ein Hund unterwegs und schnüffelt neugierig an ihren Beinen. Es ist immer etwas los. Marie weiß, dass sie diesen Platz nicht verlassen darf, denn das wäre für ein kleines Kind viel zu gefährlich. Marie hat es versprochen. Die Mutter schaut ab und zu durchs Fenster und vergewissert sich, dass Marie noch da ist.
"Ja, sie ist da! Sie sitzt brav auf der Treppe des Hauseingangs," sagt die Mutter beruhigt und arbeitet weiter.
Marie aber denkt: "Heute ist es hier sehr ruhig. Mir ist langweilig!"
Das Mädchen steht auf und geht über die Straße zum schmalen Weg zwischen zwei Häusern. Marie weiß, dass sie nicht hineingehen darf, denn dort gibt es Ungeziefer und es stinkt fürchterlich. Außerdem könnten in und auf der Erde Schlangen, Mäuse, Ratten, Schnecken und allerlei Getier leben. Der Weg ist im Sommer mit einem kräftigen Buschwerk und einem üppigen Blätterdach zugewachsen, doch ein Kind kann bequem hineinschlüpfen.
Marie tut es, einfach so!

Sie geht unter dem schattigen Blätterdach immer weiter in den zugewachsenen Weg hinein und staunt, denn sie entdeckt die grüne Welt mit funkelnden Lichtern, erdigen Gerüchen und leisen Geräuschen,
Marie setzt sich nieder und schaut und riecht und hört.
Es ist so, als säße sie unter einem großen Naturdach in einem grünen Raum, in den von außen nichts eindringen kann. Hier ist Marie ungestört in einer unbekannten Welt und flüstert: "Es ist schön hier im Grünen zu sitzen, richtig geheimnisvoll!" Bald entdeckt sie ein Loch im Blätterdach und blickt in den Nachbargarten hinüber.
Dort sitzt die betagte Frau Nuhr auf der Terrasse und streichelt eine Katze auf ihrem Schoß. Maries Mama sagt immer "betagt", denn das Wort "alt" für Menschen mag die Mutter nicht. Alt klingt nach wegwerfen oder nicht mehr brauchbar. Betagt ist ein Mensch, der schon sehr viele Tage und Jahre gelebt hat. "Alt" ist wirklich nicht das passende Wort, auch wenn die Menschen es gewöhnlich sagen. Marie kennt Frau Nuhr gut. Jetzt aber ist sie ein heimlicher Beobachter. Das findet Marie sehr spannend!

Marie kann sehen, dass Frau Nuhr mit der Katze spricht, aber leider kann sie nichts verstehen. Deshalb beobachtet sie die Frau genau und erkennt, dass diese sehr traurig ist. Marie beugt sich weit vor und lauscht. Frau Nuhr erzählt der Katze ihren Kummer. "Mein Mann ist gestorben und nun bin ich allein. Ich bin froh, dass du nach seinem Tod in mein Haus gekommen bist und bei mir bleibst. Dir kann ich meinen Kummer erzählen. Meine Beine tun mir sehr weh, mein Rücken schmerzt und das Bücken fällt mir schwer. Ich kann das Gras nicht mehr mähen und das Unkraut nicht mehr zupfen. Ich bräuchte Hilfe und niemand ist da. Wie soll es weitergehen, mein lieber Kater. Wer könnte mir denn helfen?"
Dann erhebt sich der Kater, streckt sich und springt vom Schoß der Frau herunter. Weg ist er!
Marie sitzt nachdenklich in ihrer grünen Höhle und betrachtet noch lange die traurige Frau. Sie hofft, dass der Kater zurückkommt, aber er kommt nicht. Marie sieht, dass sich der Kopf von Frau Nuhr zur Seite neigt, und bald ist Frau Nuhr eingeschlafen. Neugierig kriecht Marie nah an den Gartenzaun, damit sie in den ganzen Garten hineinsehen kann. Dort ist der Schuppen und die Türe steht offen, so dass Marie hineinschauen kann. Das Kind denkt: "Wenn ich eine kleine Hacke hole, könnte ich doch die Erde in dem Gemüsebeet umgraben und das Unkraut zupfen. Sicher wird sich Frau Nuhr darüber freuen. Ich will ihr helfen." Marie kriecht durch eine Zaunlücke in den Garten und schleicht zum Schuppen.

Oh! Plötzlich bewegt sich Frau Nuhr. Schnell schlüpft Marie in den Schuppen und versteckt sich hinter dem Schubkarren, um nicht entdeckt zu werden. "Man schleicht nicht heimlich in fremde Gärten und belauscht Menschen. Das tut man nicht!", würde ihre Mutter schimpfen. Aber nun ist es zu spät! Marie ist still und wartet.

Jetzt hört Marie, dass die Frau näherkommt, Es macht .....klack, schlurf, schlurf...... klack, schlurf, schlurf....., denn Frau Nuhr geht mit einem Stock. "Habe ich schon wieder vergessen, die Schuppentüre zuzumachen! Wo sind nur meine Gedanken?", und rums, drückt die Frau die Schuppentüre zu, steckt den Schlüssel ins Schloss und dreht ihn um! Marie ist eingeschlossen. Das Mädchen erstarrt vor Schreck und bringt kein Wort aus ihrem Mund heraus. Sie kann nicht rufen!

Im Schuppen ist ein kleines Fenster, durch das spärliches Licht fällt. Marie kriecht hinter dem Schubkarren hervor und schaut sich um. "Oje, wie komme ich hier raus?" Sie kauert am Boden und langsam steigen ihr die Tränen in die Augen. Sie weiß nicht, was sie machen soll! Sie hört das immer leiser werdende......Klack, Schlurf, Schlurf........ Klack, Schlurf, Schlurf......, denn Frau Nuhr geht zurück zum Haus. Dann wird es still, sehr still! Marie aber weint immer lauter, schluchzt und ruft, aber niemand hört sie.
Langsam wird es dämmrig und dann dunkel. Marie schläft erschöpft, auf einem alten Teppich liegend, ein. Sie träumt von Mama und Papa, von ihrem Bruder Jakob und ihrem Kuscheltier Mausi. Aber im Elternhaus von Marie herrschen Kummer und Verzweiflung. Marie ist verschwunden! Marie ist nicht heimgekommen! Wo ist Marie? Die Mutter ruft verzweifelt alle Freunde und Bekannten an, ob sie das Kind gesehen haben. Am Ende ruft der Vater die Polizei an und meldet, dass Marie nicht heimgekommen ist. Der Polizist kommt zu den Eltern und stellt viele Fragen zum Verschwinden des Kindes. Die Mutter weint und ist untröstlich.Sie läuft immer wieder hinaus und ruft "Marie, Marie! Wo bist du, mein Kind?" Jakob, der ältere Bruder von Marie, hastet auf seinem Skateboard von Haus zu Haus und fragt alle Nachbarn, ob sie Marie gesehen haben. Er klingelt auch bei Frau Nuhr, doch auch sie hat nichts gesehen. Marie schläft tief und fest im Schuppen, sonst hätte sie den Bruder sicherlich gehört, denn Jakob ist immer sehr laut. Außerdem scheppert sein altes Skateboard auf dem Pflaster und sie hätte ihn schon von Weitem gehört.
In dieser Nacht findet niemand das schlafende Kind.

Der zugelaufene Kater von Frau Nuhr hat durch ein unterirdisches Schlupfloch Zugang zu dem Schuppen. Hier ist sein Versteck, wenn er unbeobachtet sein will und Katerruhe braucht. Kater Nuhr schlüpft in den Schuppen und entdeckt das schlafende Kind. "Na, so war, wie kommt das Kind herein? Das ist kein Menschenversteck, sondern mein Versteck!" Der Kater schlüpft in alle Ecken, um sicherzugehen, dass nicht noch jemand in sein Reich eingedrungen ist. Beruhigt betrachtet er danach das kleine Mädchen genau: "Das Kind hat sich sicherlich verlaufen. Es wohnt in der übernächsten Straße. Ich werde auf das Kind aufpassen!" Kater Nuhr bewacht das kleine Mädchen und rollt sich bequem auf Katzenart ein.

In der Morgendämmerung legt der Kater dem Kind zum Frühstück eine Maus hin, denn es muss etwas essen. Sehr aufmerksam von ihm! Danach verschwindet er und sucht sich selbst sein Katerfrühstück. Marie wacht auf und sieht die Maus. Sie kennt diese Katzenangewohnheit von ihrer Katze Stupsi und freut sich: "Wunderbar, Stupsi hat mich gefunden und sagt es meinen Eltern, wo ich eingeschlossen bin!" Marie begräbt die Maus in einer Schuppenecke, denn Stupsi möchte sie nicht enttäuschen. Sie hat es sicherlich gut gemeint, aber Menschen essen keine Mäuse.
Als der Kater kommt, ist Marie sehr enttäuscht. Sie macht ein sehr trauriges Gesicht und schluchzt: "Ach, du bist es nur!" Der Kater nimmt es dem Kind nicht übel und drückt sich an Marie, um sie zu trösten. Das traurige Kind streichelt den Kater und bittet ihn: Kannst du zu mir nach Hause laufen und meinen Eltern sagen, dass ich hier eingesperrt bin?" "Ja, das mache ich gern, aber ich kann dir nicht versprechen, dass deine Eltern mich verstehen werden. Ich werde es aber versuchen!" Der Kater macht sich sofort auf den Weg und läuft zum Haus der Eltern. Die Mutter kommt heraus und schaut besorgt hin und her. Sie hofft, Marie zu sehen. Der Kater schleicht langsam zu ihr hin und streicht um ihre Beine. Er miaut und miaut. Doch er merkt sehr bald, dass die Mutter ihn überhaupt nicht versteht. Sie schaut ihn nur traurig an und stellt ihm einen Teller mit Futter hin.

Kater Nuhr miaut weiter und unterstreicht seine Botschaft, indem er immer wieder zum grünen Weg auf der anderen Straßenseite läuft. Doch die Mutter versteht nicht, dass der Kater ihr etwas sagen möchte. Sie geht zurück ins Haus und schließt die Türe.
Der Kater läuft zurück zu Marie und berichtet ihr, dass die Mutter ihn nicht verstehen kann. "Nur du kannst mich verstehen und mit mir sprechen, nur Kinder in Not, die hilflos sind!" Marie schaut den Kater nachdenklich an: "Ich glaube, dass Frau Nuhr dich auch verstehen kann!" Doch er schüttelt den Kopf: "Nein, sie versteht mich nicht. Sie erzählt mir ihren Kummer und sie weiß, dass ich sie verstehe, mehr nicht. Du kannst mich verstehen, weil du abgeschnitten von den Menschen bist, eingesperrt in meinem Schuppen. Hier drinnen ist mein Reich und ich kann kommen, bleiben und gehen, ohne dass Menschen es sehen können. Ich habe einen unterirdischen Geheimgang und nur du kannst mich jetzt sehen! Eigentlich finde ich das nicht gut, aber du bist nun einmal hier und gehörst jetzt zu mir. Ich werde auf dich aufpassen! Das ist meine Pflicht, Katerschwur!", und er hebt seine linke Pfote.

Marie fragt den Kater: "Bin ich hier auch unsichtbar für Menschen?" "Nein, du natürlich nicht! Ich tue dir kein Leid, vertrau mir!" Marie aber zweifelt still: "Vielleicht will der Kater nur ein Kind, das allein ihm gehört hier in seinem Reich!" Kater Nuhr aber schüttelt den Kopf, wie wenn er die Gedanken des Kindes erraten hätte: "Nein, ich habe dich nicht gefangen und auch nicht eingesperrt. Ich tue so etwas nie. Irgendwie bist du hereingekommen! Ich weiß es nicht, aber ich sorge für dich, so gut ich kann! Hat dir die Maus geschmeckt?" Marie nickt höflich, denn sie wagt es nicht, den Kater zu enttäuschen. So sitzen nun die zwei im Reich des Katers beieinander und unterhalten sich über Frau Nuhr. "Warum ist die Frau so traurig, und warum kümmert sich niemand um sie? Wird sie bald sterben?" Kater Nuhr erzählt Marie, dass Frau Nuhr fünfzig Jahre mit ihrem Mann Georg gelebt hat: "Die beiden liebten sich sehr, und so leidet sie nun unter schlimmer Sehnsucht nach ihm. Am liebsten würde sie auch sterben, um bei ihm zu sein, aber das kann sie nicht bestimmen. Sie muss noch warten, das weiß ich genau. Ich werde sofort merken, wenn Frau Nuhrs Zeit zum Sterben gekommen ist, denn ich kann es spüren. Die Menschen, die bald sterben, haben einen anderen Geruch und eine sehr sanfte Stimme. Der Tod ist kein schreckliches Gespenst, sondern nur ein besonderer Weg, der manchmal lang und manchmal kurz ist." Marie kann den Kater gut verstehen und hat neben ihm keine Angst mehr. Doch das Mädchen bekommt langsam Hunger und sein Magen knurrt. Der Kater fragt: "Soll ich für dich eine Maus fangen oder lieber einen Vogel? Ich mache das gern für dich!" Marie bedankt sich und sagt ihm jetzt im Vertrauen, dass er das nicht mehr tun soll: "Menschen essen keine Mäuse und auch keine Vögel." Kater Nuhr antwortet klug: "Aber warum isst du dann Hühnchen?" Marie lacht: "Du hast recht, Hühnchen sind auch Vögel. Menschen essen Hühnchen, weil wir das so gewohnt sind. Vor Mäusen ekeln wir uns." "Gut", meint der Kater, "dann hol ich dir aus der Küche von Frau Nuhr eine Semmel oder ein Stück Brot." Der Kater schlüpft durch das offene Küchenfenster in die Küche und holt aus dem Brotkorb eine Semmel. Er schleppt sie im Katermaul zu Marie. Später holt er noch ein großes Stück Brot.
Marie bekommt auch sehr großen Durst. Der kluge Kater stöbert in allen Ecken des Schuppens und unter allen Werkzeugen, um Wasser zu finden. Frau Nuhr hat eine besondere Gießvorrichtung für ihre Geranien gebastelt, wenn sie keine Zeit zum Gießen hat oder verreist ist. Dieses Gefäß hat einen langen Schlauch und ist mit Wasser gefüllt. Kater Nuhr zieht diesen Schlauch zu Marie: "So, nun kannst du trinken, wenn du an dem Schlauch saugst. Verhungern und verdursten tust du nicht. Dafür sorge ich, aber befreien kann ich dich nicht, leider! So vergeht der Tag und niemand kommt in die Nähe des Schuppens. Frau Nuhr ist krank geworden und der Kater meint, dass sie nun bald sterben und bei ihrem Mann sein wird. Marie möchte auch zu ihrer Familie und nicht hier im Schuppen sein. "Ohne dich, mein Katerchen, wäre es natürlich noch schlimmer, aber niemand kann meine Mama ersetzen. Das kann doch jeder verstehen!" Der Kater nickt. Marie beginnt zu weinen und kann nicht mehr aufhören. Als der Kater wieder eine Semmel bringt, jammert Marie: "Ich will nicht sterben, aber ich kann nichts mehr essen. Ich bin traurig, denn ich weiß, dass meine Mutter und mein Vater und mein Bruder und meine Oma und viele Menschen weinen, wenn sie mich nicht finden. Ich muss nach Hause!" Der Kater weiß keinen Rat und schleckt Marie liebevoll ab. Sie fragt ihn verzweifelt: "Was sollen wir nur machen, damit sie hierherkommen und die Türe öffnen?" Es wird still und stiller. Marie wird krank. Ihr Kopf wird fiebrig heiß, und sie hat sehr großen Durst. Gott sei Dank hat der Kater die Wasserleitung zu Marie gelegt, und Marie trinkt und trinkt. Erschöpft schläft Marie ein und schläft und schläft. Lange sitzt der Kater bei ihr und denkt nach: "Ich muss einen Ausweg finden, denn ich spüre, dass Marie bald sterben könnte. Das darf nicht sein!"
Suchaktion der Polizei
Inzwischen ist im Haus von Maries Eltern eine wichtige Polizeibesprechung, um das vermisste Kind zu suchen. Auch der Hundeführer Gust mit seinem Suchhund Block ist im Einsatz. Block soll die nähere Umgebung beschnüffeln, um die Spur des Kindes zu finden. Block muss zuerst an einem Kleid von Marie ihren Geruch aufnehmen und kann dann draußen in der Umgebung die Spur von Marie erschnüffeln. Hunde haben ein sehr großes Riechorgan und riechen viel mehr als Menschen. Hunde können der Geruchsspur nachschnüffeln und verschwundene, vermisste, verschüttete, versteckte oder entführte Menschen finden. Suchhunde gehorchen ihrem Hundeführer aufs Wort und retten Menschen auch aus gefährlichsten Situationen. Suchhunde sind Lebensretter.
So geht nun Polizeihundeführer Gust mit seinem Hund an der Leine nach draußen. Kater Nuhr wartet versteckt in der Nähe. Er duftet ganz stark nach Marie, denn der Kater war ganz nah an dem Körper des Kindes. Der Hund Block riecht es sofort und zieht sein Herrchen energisch in Richtung Kater. Doch Kater Nuhr hat Angst vor Hunden, vor allem vor großen, starken Polizeihunden, und springt auf und davon. Der Hund spurtet los! Völlig überrascht lässt sein Führer die Leine los und fällt der Länge nach auf das Pflaster. Der Hund hört nicht mehr das Kommando des Polizisten und rennt dem Kater hinterher.
In letzter Sekunde verschwindet der Kater im Geheimgang des Schuppens. Der Hund bleibt vor dem Schuppen stehen und bellt aus Leibeskräften. Er hört gar nicht damit auf. Sein Herrchen eilt herbei und versteht die Botschaft von Block nicht. Der Polizist meint, dass der Hund nur den Kater fangen wollte und deshalb den Gehorsam verweigerte. Polizeihunde müssen gehorchen, denn auf sie muss Verlass sein! So wird Block nun von seinem Herrchen bestraft, damit dieser lernt, dass er nicht einfach einem Kater nachlaufen darf. Woher sollte der Polizist auch wissen, dass der Kater nach Marie roch! Block wird zurück ins Polizeiauto gebracht und muss dort warten. Ein Hundeleckerli als übliche Belohnung nach einem Erfolg gibt es auch nicht. Der Hund kann das nicht verstehen! Er hat doch alles richtig gemacht. Ein neuer Polizeihund wird angefordert. So kommt der Polizeihund Lux mit seinem Führer Duxer. Die beiden waren bisher immer erfolgreich und geben den Eltern neue Hoffnung. Kater Nuhr kommt atemlos im Schuppen an und leckt liebevoll zur Begrüßung an Marie`s Wange. Das Kind schläft noch immer. So flüstert der Kater ihm sanft ins Ohr: "Es dauert nicht mehr lang, dann wirst du bei deiner Mama sein." Marie lächelt, denn sie träumt, sie wäre längst bei ihrer Mutter! Der Kater macht sich wieder auf den Weg und beobachtet den Hundewechsel. Er wundert sich: "Hat Block meine Spur verloren?" Der Kater hatte in seinem Schreck nicht bemerkt, dass der Hundeführer seinem Hund nicht geglaubt hat. Der neue Hund scheint größer zu sein als der erste. Kater Nuhr nimmt sich vor, den Wettlauf auch mit diesem Hund zu gewinnen. Zwischen die Zähne eines Polizeihundes zu gelangen, will der Kater tunlichst vermeiden. Er geht das Risiko mit den Hunden nur für Marie ein: "Hundealarm ist nicht mein Ding, nein, ganz und gar nicht, viel zu gefährlich, Polizeihunde, nein danke!" Lux kommt aus dem Haus, hebt seine Nase und hat bald den Geruch des Katers entdeckt. Der Hundeführer hält ihn an der langen Leine, damit der Hund ausgiebig schnüffeln kann. Plötzlich zieht Lux durch und der Hundeführer ist, ebenso wie der erste, völlig überrascht und stolpert, fällt hin und verletzt sich an der Hand. Der Hund rennt mit fliegender Leine hinter dem Kater her. Der Kater springt über den Zaun und verschwindet im Geheimgang. Draußen bellt Lux aus Leibeskräften, bis endlich sein Hundeführer Duxer erscheint. Leider macht dieser den gleichen Fehler wie sein Kollege Gust. Er schimpft seinen Hund, leint ihn an, bestraft ihn und bringt ihn in das Polizeiauto.
Der Rettungsversuch ist erneut gescheitert, denn die Hundeführer vermuten, dass ihre Hunde nur den Kater verjagen wollten. Hund und Katz sind eben nicht gut aufeinander zu sprechen, das weiß doch jedes Kind und jeder Polizist. Irrtum, Menschenirrtum!
So wird der dritte Hundeführer, Herr Bunter mit seiner Hündin Jaka, angefordert. Sie sollen noch einmal versuchen, Marie zu finden, denn aufgeben will und darf die Polizei nicht. "Das Kind muss gerettet werden!", ist das Ziel der Polizei. Der Kater, im sicheren Schuppen angekommen, setzt sich erschöpft neben Marie nieder, beruhigt sich langsam und denkt nach: "Noch einmal das Gleiche zu versuchen, hat doch keinen Sinn! Ich muss mir etwas anderes ausdenken, damit die Menschen Marie bald finden. Das Kind braucht dringend Hilfe, sonst stirbt es." Wie so oft, macht Not erfinderisch! Der Kater hat eine Idee! Der Kater nutzt die stockdunkle Nacht. Er lädt seine Katzenfreundinnen zu einem Treffen auf dem Schuppendach ein, und alle kommen, denn Katzenversammlung ist wunderbar, so ähnlich wie eine Menschenparty.

Kater Nuhr erklärt ernst die Lage: "Diesmal ist Schweigen angesagt, anders als bei den üblichen Katzentreffen, wo die meistens sehr laut sind und fürchterliche Katzenmusik machen. Niemand darf uns heute hören. Also Ruhe, wir haben eine wichtige Aufgabe! Im Schuppen liegt ein sehr krankes Kind und braucht dringend einen Arzt, sonst wird es sterben." Nina und Jachi, Gerda und Rupi, Galli und Malli und wie sie alle heißen, horchen auf. Die Katze Stupsi ist leider nicht gekommen. Wahrscheinlich hat sie keine Lust auf Katzenparty und wartet traurig zu Hause auf die kleine Marie. Nuhr erzählt den Katzen die Geschichte von Marie und fordert alle auf, nachzudenken, wie sie gemeinsam versuchen könnten, einen Suchhund zum Schuppen zu führen und dem Hundeführer zu zeigen, dass Marie im Schuppen liegt. Luci, die schwarze Katze miaut belustigt: "Warum brauchen wir die Polizei und ihre gefährlichen Hunde? Nein, das ist nicht nötig. Hol von Marie ein kleines Teilchen, eine Schleife, ein Taschentuch, ein Söckchen oder irgendetwas, und ich trag es zu den Eltern. Sie werden sicherlich das Zeichen erkennen. Dann werden sie hoffentlich gut mitdenken und verstehen. Sie werden mir folgen. Ich führe sie zum Schuppen, den sie dann hoffentlich aufschließen. Kater Nuhr schämt sich ein wenig, dass er nicht auf diese einfache Idee gekommen ist: "Ja natürlich, das ist einfach, überhaupt nicht gefährlich und auch nicht anstrengend. Warum bin ich nicht gleich auf diese Idee gekommen. Danke, Luci." "Mach dir nichts draus, Nuhr. Kater sind manchmal schwer von Begriff. Entschuldige, du natürlich nicht, du bist ein besonderer Kater und wolltest Marie retten!" Nuhr verneigt sich mit würdiger Katergeste: "Danke für die schönen Worte und die gute Idee, Luci. Ich will es, ich bitte darum, selber machen! Vertrau mir, liebe Luci, ich schaffe es!" Und so wird es gemacht, wie auf dem Dach beschlossen wurde! Kater Nuhr schleicht durch den Geheimgang zu Marie in den Schuppen und löst eine Schleife aus einem Zopf, nimmt diese zwischen die Zähne und läuft hinaus zu den Katzen. Die Katzen verstecken sich in den Straßenecken, damit sie sehen können, was passiert. Sie wollen im Notfall alle helfen, damit die Rettung gelingt. Bei Sonnenaufgang macht sich der Kater auf den Weg zum Elternhaus von Marie: "Gott sei Dank ist noch kein Polizeihund zu sehen. Langsam habe ich genug von dieser Hetzerei, die nichts bringt." Die Mutter kommt aus der Haustüre heraus. Der Kater schleicht auffällig langsam auf sie zu und hält das Katzenmaul hoch, damit die Frau die Schleife sehen kann. Die Mutter aber schaut in ihrem Schmerz nicht genau hin und erkennt auch nicht, was der Kater in seinem Maul trägt. Nuhr schleicht ganz nah zur Mutter, streicht um ihre Beine und legt die Schleife vor ihre Füße.

Da schreit die Frau auf: "Marie, eine Schleife von Marie! Der Kater hat sie hergebracht!" Der Vater erscheint sofort in der Türe und auch der Bruder Jakob. Der Vater will nach dem Kater greifen. Blitzschnell springt Nuhr auf und davon und entwischt knapp dem Zugriff des Vaters.

Und schon wieder beginnt eine Hetzjagd, diesmal nicht gegen einen Polizeihund, sondern gegen einen Mann. Dieser rennt dem Kater nach, hinter dem Vater rennt die Mutter, hinter der Mutter rennt der Bruder, und hinter dem Bruder rennen viele Katzen! Es ist ein sehr merkwürdiger Lauf hin zum Garten von Frau Nuhr. Die Gartentüre ist glücklicherweise offen. Dort springt der Kater in den Geheimgang und die Katzen verteilen sich auf dem Dach des Schuppens. Der Vater steht wie angewurzelt vor dem Schuppen. "Was soll das bedeuten? Wo ist der Kater geblieben? Warum sitzen die Katzen auf dem Dach und schauen alle auf mich?" Jetzt kommt die Mutter, dann kommt der Bruder angerannt. Alle drei stehen atemlos vor dem Schuppen. Da sagt Maries Bruder Jakob: "Vielleicht ist Marie im Schuppen eingesperrt!", und sofort rüttelt der Vater energisch an der Türe. Die Mutter ruft verzweifelt: "Marie, Marie, Marie...mach auf, Marie, mach auf!" Der schlaue Jakob klingelt bei Frau Nuhr, die langsam die Haustüre öffnet. "Schnell, den Schlüssel für den Schuppen", und Frau Nuhr zieht diesen aus ihrer Schürzentasche. "Hier!" Jakob rennt zurück zum Vater und gibt ihm den Schlüssel.

Der Mann zögert eine Sekunde, bevor er aufschließt und die Türe öffnet, denn er fürchtet sich sehr davor, sein Kind tot aufzufinden. Dann öffnet er die Türe des Schuppens. Zwischen den Brettern auf einem alten Teppich liegt Marie und schläft. Als die Mutter sie in ihre Arme nimmt, da öffnete das Kind die Augen: "Mama, wo warst du denn?" und schläft sofort wieder ein.

Der Vater trägt sein Mädchen vorsichtig nach Hause. Die Mutter lässt Maries Hand nicht mehr los.

Niemand vermisst Jakob. Niemand macht die Schuppentüre zu! Jakob bleibt im Schuppen und setzt sich auf den Teppich nieder.Jetzt hat er keine Eile mehr, denn Marie ist gefunden und glücklich bei den Eltern. Jakob denkt nach: "Wo ist der Kater geblieben? Wo? Er müsste eigentlich hier drinnen sein!" Er ist mucksmäuschenstill und wartet. Die Katzen klettern vom Dach hinunter und gehen wieder ihrer Wege, die eine aufs Feld, um Mäuse zu jagen, die andere heim zum Futternapf, und wieder eine andere geht spazieren, um den anderen Katzen von der Rettung zu erzählen. Bald treffen im Elternhaus die Polizisten ein, um die Suche nach Marie erneut aufzunehmen. Sie staunen, dass das Kind glücklich am Frühstückstisch sitzt. Die Katzenschleife hat die Mutter nach Maries Wunsch wieder an den Zopf gebunden.

Als die Polizisten erfahren, dass Marie in dem Schuppen gefunden wurde, schauen die Hundeführer verlegen: "Oje, Block und auch Lux haben es uns zuverlässig gemeldet. Wir Polizisten haben den Hunden nicht geglaubt. Wir haben uns leider geirrt. Wir haben sogar unsere Hunde bestraft. Das soll nicht wieder vorkommen! Wir bitten um Entschuldigung! Beinahe wäre es unsere Schuld gewesen, wenn Marie etwas Schlimmes passiert wäre." Marie lächelt: "Etwas Schlimmes wäre mir nicht passiert, denn der Kater hat für mich gesorgt. Er hat mir sogar Mäuse zum Essen gebracht. Der Kater hat mich beschützt!" Der Vater streichelt Marie über den Kopf und sagt zur Mutter: "Marie phantasiert, sie hat wahrscheinlich einen furchtbaren Schock erlitten und hat sich das eingebildet!" Die Mutter nickt und die Polizisten auch. Die Hunde bekommen nun ihre verdiente Belohnung. Die Hundeführer nehmen sich vor, ihren Hunden auch in besonderen Situationen zu vertrauen, und keine voreiligen Entscheidungen zu treffen. "Kollege, das hätte schlimm ausgehen können! Das darf uns nie mehr passieren!"
Was passiert nun im Schuppen, in dem Jakob sitzt?
Der Kater hat bei Marie gewartet, bis der Schuppen geöffnet wurde. Dann verschwindet er, unsichtbar geworden und für Menschen nicht zu entdecken! Doch unsichtbar bleiben, geht nicht sehr lange, wenn die Türe des Schuppens offen ist. Jakob, der sitzt und sitzt und macht keine Anstalten, aufzustehen und zu gehen. Der Kater hält den Atem an, denn nach ein paar Atemzügen wird er sichtbar werden. Was dann? "Vielleicht sieht Jakob mich nicht, hoffentlich!" Jetzt ist Schluss mit "Unsichtbarsein", und plötzlich sitzt der Kater da oben: "Da bist du ja. Du hast meine Schwester gerettet! Ohne dich wäre Marie vielleicht gestorben. Danke, du guter Kater!" Jakob wartet auf eine Antwort und fragt nach einer langen Pause: "Hast du was gesagt?" Doch der Kater antwortet nicht, springt vom Schrank und verschwindet durch die offene Türe nach draußen! Jakob sitzt überrascht da und denkt: "Hat der Kater nun gesprochen oder nicht? Nun ja, egal! Hauptsache, Marie ist wieder da, das ist das größte Glück!"Dann steht Jakob auf und hüpft überglücklich nach Hause. Natürlich hat dies der Kater gesehen und ist auch ein wenig gehüpft. Hüpfen im Glück steckt an!

Frau Nuhr starb vier Wochen später. Sie ist friedlich in der Nacht eingeschlafen und wachte nicht mehr auf, so wie sie es sich gewünscht hatte. Nun ist sie dort, wo ihr Mann ist und ist sicherlich glücklich. Marie ging mit ihren Eltern zur Beerdigung der betagten Dame. Dem Kind war so, als wäre auch der Kater für einen Moment auf der Friedhofsmauer zu sehen.
Danach hat Marie ihn nie mehr gesehen.